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technologe #239o

Wenn alles anders und doch irgendwie gleich ist

Ein persönlicher Bericht der Schülerin Viktoria Hammer aus der 5B-Klasse der Höheren Lehranstalt für Informationstechnologie über die erste Woche im Corona-Schulbetrieb

Im Zuge der Ausgangssperre wurde der Unterricht an den meisten Schulen, so auch im TGM, ins eigene Zuhause verlagert. Als IT-Schülerin im fünften Jahrgang will ich über meine Erfahrungen der vergangenen Arbeitswoche berichten und mit dem normalen Schulbetrieb vergleichen.

Im „Normalfall“ verbringt meine Klasse 33 Stunden in der Schule (inklusive zwei Stunden Religion). Von diesen 33 Stunden sind 12 Stunden im Laborbetrieb, in dem sich die Schüler der vierten und fünften Jahrgänge selbst aussuchen, an welchem praxis-orientierten Fach sie an diesem Nachmittag arbeiten wollen.

In der obigen Tabelle sind zwei Kalender abgebildet, einer bildet eine normale Woche ab (links) und einer die vergangene, erste „Corona-Woche“ (rechts). An einem normalen Schultag findet meine außerschulische Arbeitszeit üblicherweise statt, bevor ich schlafen gehe, sprich: Ich komme nach Hause, es wird Zeit mit der Familie verbracht, gegessen und dann gearbeitet, eventuell folgt dann auch Schlaf.

Einen online Ersatzunterricht gab es in der ersten Corona-Woche nicht, stattdessen erteilten die meisten Lehrkräfte der Theorie-Fächer Arbeitsaufträge für zuhause. Diese sollten entweder in der Woche oder bis zum Ende der Sperre erledigt werden. In manchen Fächern gibt es nach wie vor Mitarbeitsüberprüfungen auf e-Learning. In der ersten Woche hatten wir davon zwei, eine zur üblichen Unterrichtszeit und die andere zu einer davor verkündeten Uhrzeit.

BigBlueButton, Discord-Server und Microsoft Teams

Auch neue Funktionen der e-Learning-Plattform finden jetzt Verwendung: So wurden in vielen Kursen die Diskussionsforen eröffnet und die Gespräche dort sollen auch als Mitarbeit gewertet werden. Eine neu eingesetzte Funktion ist der sogenannte „BigBlueButton“, welcher im Prinzip ein Chat mit möglicher Video- und Tonübertragung ist. Eingesetzt wird er für Zwischengespräche und Abgabegespräche, aber auch für Sprechstunden, Unterstützung während der Arbeitszeit oder die erste Feedbackrunde mit dem Abteilungsvorstand über den neuen Schulbetrieb.

Aber nicht nur neue Gefilde des e-Learning-Systems werden erkundet, auch neue Programme (insbesondere für die Lehrkräfte) finden ihre Anwendung: Discord Server für Jahrgänge/Fächer (bei uns im fünften Jahrgang z.B. für Religion) oder die Verwendung von Microsoft Teams für Abgabegespräche und (das, zumindest für mich, gewöhnungsbedürftige) Chatten mit Lehrern. Im Gegensatz zu vielen meiner Mitschüler stört mich die Verwendung von Microsoft Teams nicht. Durch Office 365 haben es alle, man muss sich also nicht extra registrieren und es ist getrennt von privaten Kommunikationskanälen.

Mehr Schlaf, mehr Zeit für Hobbys, gleich viel Zeit vor dem PC

Zusammen mit dem traditionellen Unterricht hat viele, mich eingeschlossen, auch das frühe Aufstehen verlassen. Dies fällt auch in meinem Kalender auf, da die Corona-Arbeitszeiten im Vergleich zu den normalen deutlich nach hinten verschoben sind. Ganz nach dem Prinzip des äquivalenten Tausches wurde mit dem Verlust des Frühaufstehens auch etwas gewonnen: Schlaf.

Ich habe fest damit gerechnet, dass sich meine insgesamte Zeit vor dem Bildschirm verringert hat, weil ich so viel mehr schlafe (8-10 Stunden im Vergleich zu 5-7 Stunden während normaler Schulzeit) – tatsächlich ist das aber nicht der Fall.

Diese Zeiten wurden mit der Anwendung „Rescue Time“ gemessen.

Auch interessant ist, dass sich die insgesamte schul-bezogene Zeit (aufgrund des fehlenden Theorie-/Frontalunterrichts) verringert hat, aber die Bildschirmzeit gleichgeblieben ist. Dies schreibe ich einer persönlichen Änderung zu: aktive Freizeit, in der ich mir bewusst Zeit für Hobbys nehme. In normaler Schulzeit findet diese immer verstreut durch den Tag statt, in der Corona-Woche gab es von Dienstag bis Donnerstag jeden Tag nach der Arbeit bis ca. 23 Uhr Zeit für Hobbys.

Die folgenden Diagramme zeigen die meistverwendeten Programme („Opera“ wird für das Schreiben der Diplomarbeit verwendet) und Webseiten in den beiden Wochen (Messungen wieder von „Rescue Time“:

Fehlende soziale Kontakte in der Schule und das bewusste „Rausgehen“

Als die Ausgangssperre feststand, wurde in einem Gruppenchat gescherzt, dass IT-Schüler ja sowieso schon „nicht rausgehen“ und „keine sozialen Kontakte pflegen“. Dabei ist es genau der Besuch der Schule, der den Wahrheitsgrad dieser Aussage widerlegt, da Schule sowohl Rausgehen als auch die Kommunikation mit anderen Menschen (zumindest mit Lehrern) bedeutet.

Als jemand, dem es in Ferien tendenziell schlechter geht, wusste ich von Anfang an, dass die fehlende Routine und Interaktion belastend sein werden. Meiner Meinung nach ist die Sozialisierung in der Schule einer der wichtigsten Gründe, physisch zusammen Unterricht zu veranstalten.

Ein Vorteil der Ausgangssperre ist, dass der Akt des „Rausgehens“ nun nicht mehr ein Zwang ist, weil man in die Schule muss oder „mal raus soll“. Ich glaube, dass viele das Verlassen der eigenen vier Wände nicht mehr aktiv wahrnehmen, sondern als Mittel (Weg) zum Zweck (Ziel) sehen. Dabei tut es überraschend gut, einfach mal draußen zu stehen und die frische Stadtluft einzuatmen.

Corona-Zeit: eine Erweiterung des Laborbetriebes

Trotz der „schulfreien“ Zeit, ist der Begriff „Ferien“ für diese Situation irreführend. Wenn überhaupt, finde ich einen Vergleich mit Wochenende angebrachter, da keine Unterbrechung des Schulflusses stattfindet und wir derzeit mitten in einem Laborblock (ein Zeitrahmen mit zu erledigenden Aufgaben) sind, der so gut wie möglich fortgeführt wird. Genauso laufen Schularbeits- und Maturavorbereitungen noch.

Und das Labor ist auch ein guter Vergleich für die neue Situation. Während im Labor zwar Einschränkungen (Maximum an Schülern, Zeiten) vorhanden sind, die sich nicht alle genauso in die derzeitige Situation übertragen, zählt auch hier viel Selbstbestimmung und -verantwortung. Aber zuhause fühlt es sich noch einen Grad weniger „vorgeschrieben“ an und man setzt sich jetzt an diese Aufgabe, weil man das so entschieden hat.

Diese Corona-Zeit ist also quasi eine Erweiterung des Laborbetriebs, mit allem was dazu gehört: Motivationsprobleme, Selbstdisziplin, Planung und Verantwortung, aber auch Freiheit.

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