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technologe #239o

Lernen daheim

Julia Pöschl, Schülerin der 5B-Klasse der Höheren Lehranstalt für Informationstechnologie, erzählt vom neuen Schulalltag zu Hause.

Eigentlich ist es wie Wochenende. Wie ein besonders langes Wochenende oder die Ferien während der Schulzeit, vielleicht. Die Zeit, die man sich frei einteilen kann, für die man aber trotzdem mit Hausaufgaben eingedeckt wird. Die Menge an Aufgaben ist gerade so groß dimensioniert, dass ich noch locker den halben Tag Zeit habe, mit meinem inneren Schweinehund zu streiten. Ich werde trotzdem mit allem fertig, wenn ich die andere Hälfte des Tages konzentriert arbeite. Leider motiviert mich dieser Umstand nicht gerade dazu, früh aufzustehen. Im Gegenzug bekomme ich dafür endlich einmal genug Schlaf. Das hat der Stress mit der Diplomarbeit – im letzten Moment, wie immer, wie könnte es anders sein? – vorher nicht zugelassen.

Dafür platze ich jeden Morgen fürs Frühstück ins Meeting meiner Mutter. Computer-Arbeitsplätze haben wir leider genau einen zu wenig im Haus, jetzt, wo wir alle vier mit Laptops und Videochatprogrammen ausgestattet zuhause sitzen. Aber nicht nur die Chance zum Ausschlafen und Faulenzen bietet die jetzige Situation, sondern auch jene, neben der Schule ganz andere Dinge zu tun und zu lernen. Und so finde ich mich, wenn mich die Motivation nicht nur viel zu spät überkommt, sondern auch viel zu früh wieder verlässt, zum Beginn unserer regulären Mittagspause aus der Schulzeit in der Küche wieder. Um ein bisschen zu tratschen und Pause zu machen – und nebenbei durch bloßes Zusehen oder ein bisschen Mithelfen auch etwas ganz anderes Neues und Nützliches zu lernen.

Und noch etwas anderes habe ich beim Zuhausesein gelernt: wie schön die Sonne doch in der späten Mittagszeit in den Garten scheint. Zu den Zeiten, zu denen ich normalerweise zuhause bin, ist so überhaupt gar nichts mehr davon in unserem Garten zu sehen. Leider verliert mein Laptop-Bildschirm das um-die-Wette-Strahlen mit der Sonne haushoch. In diesen Momenten verfluche ich es, wie modern und gut gerüstet unsere Schule im digitalen und Online-Learning doch ist. Mit einem Haufen Zetteln hätte ich mich gut und einfach in die Sonne setzen können. So wird es bei einer verlängerten Mittagspause für ein bisschen Bewegung bleiben.

Julia Pöschl, Schülerin der 5BHIT, mit ihrer Schwester beim Home-Learning.

In einer Schule wie unserer, in der man unter anderem lernt, Software für Computer zu entwickeln, ist der Unterricht unter normalen Umständen schon auf elektronische Übungen ausgelegt. Und so unterscheidet sich die Art der Aufgaben, die wir nun bekommen, kaum von jenen aus dem regulären Labor- und Schulbetrieb. Einzig der rege Austausch und die Stimmung beim gemeinsamen Arbeiten in unseren Klassenräumen fehlt mir hier. Ich hatte sogar gehofft, dass zumindest einige der Lehrer Online-Vorträge abhalten würden. Nicht nur, um die Regelmäßigkeit des Lernens aufrecht zu erhalten und Motivation dafür zu schaffen, sondern auch, um noch andere Stimmen als die der eigenen Familie zu hören. Es ist zwar ganz amüsant, mit der eigenen Schwester gemeinsam im gemütlichen eigenen Zimmer zu sitzen und ihr beim Dichten ihrer Französisch-Aufsätze (für mich auf Deutsch übersetzt, natürlich) zuzuhören, doch manchmal wünsche ich mir die Gesellschaft von Gleichgesinnten, von denen mein Fluchen über die nicht funktionierende Konfiguration für die neueste Aufgabe auch verstanden wird.

Wenn man als Fünftklässlerin wie ich auf die letzten Jahre zurückblickt, muss man allerdings feststellen: Der klassische Theorieunterricht ist nicht erst seit der aktuellen Krise so gut wie ausgestorben. Eigenengagement war von Anfang an gefragt und die Menge an frei einzuteilenden Lehrinhalten wurde, bis zu unseren Labor-Nachmittagen in der IT hin, immer mehr. Was sich also ändert, ist, dass ich die Sonne sehe, vielleicht endlich auch einmal Kochen lerne und die Zeit, die ich täglich damit verbringen musste, in die Schule zu fahren, zu schätzen lerne.

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