Müll vermeiden, Aluminium sparen: Zwei Schülerinnen des TGM in Wien entwickelten ein Bio-Material für Kaffeekapseln, das auch tatsächlich gut abgebaut wird, sogar in der Kompostbox daheim.
Von links nach rechts: Samantha Onderka (19) und Katharina Schleinzer (18) testen, ob ihre selbst entwickelten Kaffeekapseln aus Bio-Kunststoff im Komposthaufen für daheim auch tatsächlich rasch abgebaut werden. Foto: TGM/Hetzmannseder
„Wir sind sehr stolz, dass es funktioniert“, erzählt Samantha (19), Maturantin am TGM. Zusammen mit Katharina (18) beobachtet sie, wie die neuartigen Kaffeekapseln in der Kompostkiste binnen weniger Wochen zerfallen. „Es ist toll zu sehen, wie sich die Kapseln verändern und abgebaut werden.“
Kaffeekapseln für Espresso-Maschinen sind eine bequeme Sache, aber sie erzeugen eine Menge Abfall. Eine typische Kapsel besteht aus 1,13 Gramm Aluminium. Bei drei Tassen Kaffee täglich verbraucht man in einem Jahr mehr als 1,2 Kilogramm Aluminium.
Die beiden Schülerinnen des TGM stürzten sich deshalb besonders eifrig auf ein Maturaprojekt, dass die Welt ein kleines bisschen besser machen könnte: Gabriel-Chemie, ein internationales Unternehmen mit Zentrale im niederösterreichischen Gumpoldskirchen, benötigt ein neues, umweltfreundliches Material für Kaffeekapseln. Andreas Höllebauer, Forschungsleiter bei Gabriel-Chemie, erklärt die Idee: „Wir suchen einen Bio-Kunststoff für Kaffeekapseln. Das Material soll natürlichen Ursprungs sein und sich nachweislich sehr gut abbauen lassen, und zwar nicht nur in industriellen Kompostieranlagen, sondern ganz normal in Heim und Garten.“ Gabriel-Chemie erzeugt vor allem Farben und Zusätze für Kunststoffe und interessiert sich daher für das Thema Kaffeekapsel. „Wir arbeiten seit Jahren immer wieder mit dem TGM zusammen“, erläutert Höllebauer, „deshalb lag es nahe, diese Forschungsaufgabe als Maturaprojekt auszuschreiben“.
Kunststoff aus der Natur
Katharina und Samantha experimentierten mit verschiedenen Mischungen auf der Basis natürlicher, nachwachsender Rohstoffe. Bio-Kunststoff wird häufig aus Zucker, Stärke oder Biomasse gewonnen. Das Endergebnis sollte allerdings wasserfest und gut formbar sein. Die Mädchen testeten sieben neue Bio-Kunststoffe, die sie aus verschiedenen Zutaten selbst herstellten. Was viel Geduld erforderte. Denn das TGM verfügt zwar über eine Maschine zur Kunststofferzeugung, doch die ist natürlich ein Laborgerät, ausgelegt für kleine Probenmengen, man befüllt es löffelweise.
„Um von jedem neuen Material fünf Kilogramm zu erzeugen, mussten wir stundenlang Granulate in den Trichter löffeln“, seufzt Katharina. Die Granulate wurden vermischt und eingeschmolzen, bis aus einer Düse das neue Material strömte. „Dann testeten wir ausführlich, das Material soll ja bestimmte Kriterien erfüllen. Der Bio-Kunststoff muss eine Zugprüfung und eine Schlagprüfung bestehen und natürlich auch die richtigen Eigenschaften für die Verarbeitung aufweisen.“
Von sieben Mischungen blieb genau eine übrig, die als Kandidat in Frage kam. Sie besteht aus Materialien, die zur Gänze von nachwachsenden Rohstoffen stammen. Mit einem speziellen 3D-Laserdrucker stellten die Schülerinnen eine Form her, mit der sie dann tatsächlich Kaffeekapseln aus ihrem neuen Material erzeugen konnten.
Zerstörung wichtiger als Herstellung
Das Wichtigste an dieser Erfindung ist ihre Zerstörung. Würden die Kaffeekapseln in einem ganz normalen Komposthaufen tatsächlich zerfallen? Samantha und Katharine bauten eine Kompostbox, geeignet für den Hausgebrauch, und warfen ihre Kaffeekapseln „auf den Mist“. Das Experiment gelang. Im Laufe der Wochen bis zur Matura konnten die Mädchen beobachten und dokumentieren, wie die Kapseln immer kleiner und kleiner wurden.
„Wir haben einen Bio-Kunststoff gefunden, der das Problem mit den Kaffeekapseln nachhaltig lösen kann“, freut sich Samantha. Wenn man die biologische Abbaubarkeit zertifizieren lässt, gibt es für den neuen Bio-Kunststoff sogar ein Prüfsiegel, das seine Eignung für den Kompost bestätigt. Der Mist ist dann sozusagen amtlich.