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Tribologie

Tribologie

Prof. Dipl.-Ing. Heinz Neuburger

 

Tribologie: ist die Lehre von Methoden zur Beeinflussung von Reibung, Kraftschluss und Verschleiß zweier Körperoberflächen – bei Relativbewegung zueinander. Ein Paar Beispiele typischer tribologischer Themen soll dies erläutern:

Kraftschlussverhalten des Pneumatikreifens: Der Reifen wird durch die Straße abgeplattet. Alle fahrdynamisch relevanten Kräfte auf das Rad werden in diesem Kontaktgebiet übertragen, wobei vor allem die momentanen Werkstoffparameter der Lauffläche, die Rauhigkeit der Straße, die Rollgeschwindigkeit und „Zwischenwerkstoffe“ die Hauptbestimmungsgrößen darstellen. Das komplexe Verhalten des Reifens ist mit Hilfe des Tribomodells des Reifens erklärbar.

Bremsentribologie: Vor allem bei Scheibenbremsen mit großflächigen Bremsbelägen kann es im Regen zu verzögertem Ansprechen der Bremsen kommen – „wet fading“: Dabei wirkt ein Wasserfilm zwischen Belag und Scheibe als unerwünschter Schmierfilm, der vor der Festkörperreibung verdrängt werden muss. Gelochte Bremsscheiben ermöglichen eine schnellere Verdrängung des Wasserfilms (eine Ad-hoc-Maßnahme von Porsche für ein 24-Stunden-Rennen in Le Mans).

Werden Hochleistungsbremsen – ausgelegt zum Umsetzen großer Energien – häufig für Schwachlastbremsungen benützt, sinkt ihre Wirkung durch „brake liner polishing“: Die Beläge und Scheiben polieren sich gegenseitig zu kleineren Rauhtiefen – der Reibbeiwert sinkt! Die Abhilfsmaßnahme findet sich an den Lochrändern der Scheiben­lochungen: Eine dem Verwendungszweck der Bremse angepasste Schärfe der Lochränder sorgt für ausreichenden Belagverschleiß bei Schwachbremsungen.

Tribochemie: Bei Mischreibung – Dünnfilmschmierung – werden die Wirkungen flüssiger Schmiermittel stark durch ihren physikalischen und chemischen Aufbau bestimmt. So lagern sich Fettsäuremoleküle im rechten Winkel hochadhäsiv an Metalloberflächen an und bewirken bei Schmierspalten in der Dimension dieser Moleküle eine Zunahme der scheinbaren Viskosität um mehrere Zehnerpotenzen. Die Synovia in biologischen Gelenken verhält sich zum Gelenksknorpel ähnlich, womit zum Teil die Standzeit gesunder biologischer Gelenke erklärt werden kann.

Haftschale: Die Haftschale muss bei korrekter Funktion (und Anpassung!) zur Hornhaut durch einen ausreichend dicken Tränenflüssigkeitsfilm gelagert werden. Bei Annäherung der Haftschale an die Hornhaut zeigt die Tränenflüssigkeit Elastizität zur Stabilisierung des Abstandes: Haftschalen – Innenfläche / Hornhaut – Oberfläche.

ElastoHydroDynamische Schmiertheorie (EHD): Bei nicht schmiegenden Schmierspalten kann die Tragfähigkeit nur durch Berücksichtigung der elastischen Verformungen der Gelenke erklärt werden. Ein maschinenbauliches Beispiel einer derartigen Paarung stellt der Kontakt Nocken/Tassenstössel einer Verbrennungskraftmaschine dar. Der historische Erklärungsansatz mittels der Hertzschen Theorie vernachlässigt wesentliche Konstruktionsparameter.

Tribologie des menschlichen Kniegelenkes: Gelenksflächen (Kondylen) führen eine durch die Gelenksbänder gesteuerte Rollbewegung – überlagerte Dreh- und Gleitbewegung aus. Dabei wandert der engste Spalt über beide Kondylenpaare. An den Knorpelflächen dieser Spalte herrschen EHD-Bedingungen: die Knorpel verformen sich zu Schmiertaschen, in denen eingeschlossene Synovia die Beanspruchung überträgt. (Im Gelenk entsteht Abrieb, der aber im Gelenk entsorgt wird. In Ruhepausen wird der Verschlissene Knorpel regeneriert. Der Neid könnte einen Maschinenbauer fressen …)

Grundmodell der Tribologie: Die oben angeführten Beispiele lassen sich mit diesem Denkansatz systematisieren: Im Grundmodell wirken zwei – rauhe – Flächen aufeinander. Die Zustände trockene Reibung, Reibung mit Kontaktstellen – Mischreibung, flüssige Reibung – lassen sich ebenso darstellen, wie die Wirkungen von Oberflächenbeschichtungen, Friction Modifier, Gleitlacken und Trockenschmierstoffen. Ebenso lassen sich die Bedingungen für das Funktionieren von ruhenden und bewegten Dichtgrenzen ableiten.

DI Heinz Neuburger TGM – MI

 

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