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Vernetzungstreffen: 3D Druck in der Biomedizin

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Mit einem Cartoon führt Prof. Stampfl die Zuhörer in den 3D Druck ein: Seit ca. 20 Jahren werden in sehr dünnen 2D Schichten dreidimensionale Objekt aufgestapelt – das ist die Basis für jeden 3D Druck. Der jetzige Medienhype ist dem Preisverfall von „automatischen Heißklebepistolen“ zu zuschreiben und damit der relativen Massentauglichkeit zu verdanken.  Doch der Bereich, wo sich Jedermann und –frau eine phantastische Kaffeetasse drucken  kann fällt eher unter Spielerei. Die wirklichen spannenden Anwendungen finden sich im biomedizinischen Bereich. Der Kieferchirurg druckt individuelle Bohrschablonen. Dentaltechniker nutzten bereits die Technologie, damit die Patienten der Zukunft nicht mehr an einem Kieferabdruck halb ersticken. Das Gebiss wird gescannt und das Modell anschließend gedruckt. Aber nicht nur Zahnmodelle, auch Knochenersatzteile sind bereits stand der Technik. So wurde in Belgien bereits ein ganzes Unterkiefer gedruckt und auch implantiert. Seit 10 Jahren sind transparente Zahnspangen bereits eine normale Anwendung für 3D Druck. Auch in Hörgeräten sind die Vorteile individualisierte Geometrie herzustellen präsent: Die patientenspezifische Hörgeräteschale wird mittels spezifischer CAD-Programme modelliert und anschließend gedruckt.  Zahlen und Fakten – die mediale Präsenz von 3D-Druck größer als der  tatsächliche Markt: Von 2003 zu 2012 haben sich die gedrucketen Teile von 3,9 auf 28,3 Mio zwar fast verzehnfacht (Wohlers Report), doch im Vergleich zu den Spritzgussstückzahlen ist das eine Nieschenanwendung.  Erstaunt hat die Teilnehmer, dass die Idee des 3D Druckes fast schon 100 Jahre alt ist. Aber erst die 3D-CAD-Software ab den 1980ern machte den 3D-Druck möglich. Für die Biomedizin ist vor allem die Abbildung der für das Einwachsen von Implantaten erforderliche Aufbau der zellularen Strukturen eine massive Herausforderung, die traditionelle CAD-Systeme nicht abdecken.  Weshalb es auch für jeden Bereich spezialisierte CAD Anbieter gibt. Prof. Stampfl führte das 3D-Druck Dilemma aus: Die Anforderungen Geometrie, Material und Ökonomie können bislang von keinem 3D-Drucker gemeinsam optimal erfüllt werden.  Erst wenn das erreicht ist, wird es zu einer wirklichen Massentauglichkeit kommen. Die Eigenschaften von ABS Kunstoffe sind im 3D Druck derzeit noch nicht möglich.

Sehr eng arbeitet die TU mit dem TGM-Absolventen Dr. Robert Lischka zusammen. Mittlerweile kann im Highendbereich Tricalciumphosphat in hoher Auflösung gedruckt werden – der klinische Einsatz steht jedoch noch bevor. Die Kosten für die medizinische Zulassung übersteigen wahrscheinlich die der Entwicklung des 3D Druckes. Dr. Stampfl spannt den Bogen damit wieder zurück zur Zahnmedizin, wo die traditionelle Gipsmischerei von Zahnmodellen immer mehr vom 3D Druck abgelöst wird. Medizinnaher Zweig, der aber geringere Zugangshürden aufweist.

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Aber es geht noch weiter:  Statt über Modelle zu gehen wird künftig gleich der Zahnersatz aus Zirkonoxid gedruckt. Brücken und Kronen können damit preisgünstiger als bei der Spanabhebenden Herstellung gefertigt werden.

Zum Schluss des Vortrages gewährte Dr. Stampfl noch einen Blick in die Zukunft wo mittels Zwei-Photonenpolymerisation Teile gefertigt werden können, die mit traditionellen Fertigungsmethoden gar nicht möglich wären. Die Laser verändern den Werkstoff  ähnlich wie ein Fräser aber unterhalb der Oberfläche – also Subcutan! Die Präzision des Verfahrens wurde an einem Model des gesamten Stephansdomes in einer Größe von nur 50 Mikrometern veranschaulicht. In der Biomedizin könnte damit IM lebenden Körper gedruckt werden: In-vivo writing! Vielleicht heißt es dann in Zukunft „Herr Doktor Drucken Sie  mir bitte einen neue Kniescheibe – aber ohne mich aufzuschneiden“  – Wie funktioniert es? Dort wo sich die zwei Photonen treffen härtet das Material aus. Und das auf einer Fläche von nur 600 Nanometer und sehr schnell.  Die nicht gedruckten wasserlöslichen Materialreste werden dann über den Stoffwechselkreislauf wieder ausgeschieden.

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Der großflächige Erfolg der lithographischen Verfahren erfordert Konkurrenzfähigkeit bei Kosten, Präzision und Material. Für keramische Materialien wurde das schon gelöst. Das nicht nur die Laser, sondern auch das Thema den Teilnehmern unter die Haut ging, zeigte die intensive Fragerunde zum Abschluss. Die Brötchen zum Netzwerken kamen aus traditioneller Fertigung des Schulbuffets – NOCH!

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